Sonntag, 22. Juli 2007

Defilieren, Degustieren, Kultivieren...

Der 14. Juli. Der Jahrestag des Sturms auf die Bastille 1789. Der Tag der Paraden. Zum ersten Mal sollte auch eine Parade in Aix statt finden. Diesen Anlass habe ich mir natürlich nicht nehmen lassen, um mir am Tag der Franzosen einen Eindruck vom Nationalbewusstsein geben zu lassen. Während in der Hauptstadt rund 4500 gedrillte Uniformierte den Champs-Élysées herauf defilierten, war der aixoiser Parade der Stadtstatus einer sous-préfecture anzumerken. Den auf der Avenue de Belges indes etwas verloren wirkenden drei Abteilungen, gebildet aus ungefähr 100 Soldaten (und Soldatinnen) des Heeres und der Marine, kamen Polizei und Feuerwehr zur Hilfe. So vermittelte die hiesige Parade einen weniger militaristischen als vielmehr einen zivilen Eindruck. Statt vor Kampfkraft strotzenden Panzern wurden blitzblank glänzende Löschfahrzeuge vorgeführt, gefahren von Feuerwehrleuten mit noch glänzenderen goldenen Feuerwehrhelmen. Statt prächtig dekorierten Offizieren hoch zu Roß, präsentierte sich die berittene Abteilung der Polizei auf Drahteseln.
Der Abend des 14. Juli bleibt den Feiern auf den Plätzen der Städte und Dörfer vorbehalten, deren Abschluss ein Feuerwerk bildet. In den kleinen Dörfern werden sogenannte Bälle veranstaltet, an denen jeder Bewohner ob alt oder jung teilnimmt. Am Abend fuhr ich zu meinen Eltern, die eine Woche ihres Urlaubes in dieser Region verbracht haben. In dem kleinen Dorf Lourmarin in dem wir zu abendaßen, wurde der Ball jedoch schon am Vorabend veranstaltet, so dass wir später nur die Feuerwerksraketen, hörten deren Donnern vom Wind aus anderen Dörfern herüber getragen wurde.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zur Stadt Avignon, die wohl jedem aus der bekannten Volksweise bekannt sein dürfte. "Sur le pont" waren wir nicht, hatten jedoch einen schönen Blick vom Palais du Pape auf die Dächer der Stadt und die Überreste der besungenen Brücke. Avignon war zwischen 1300 und 1400 der Regierungssitz der Päpste die zu diesem Zeitpunkt Rom verlassen mussten. Der mittelalterliche Palast prangt mit seinen steingrauen Mauern einem Bollwerk gleich über der Stadt. In der Zeit der französischen Revolution geplündert und später durch das Militär als Kaserne genutztes Bauwerk, kann die früher herrschende Pracht in den Sälen wohl nur noch aus zeitgenössischem Schriftgut ermessen werden. Avignon selbst wirkt keines Wegs so verschlafen wie Aix. Das zur Zeit stattfindende Theaterfestival bestimmt das Stadtbild. An allen Straßen werben Plakate mit den verschiedensten Vorstellungen. Nicht eine Laterne ist nicht behangen, nicht ein Straßengeländer verschont vom auf die Dauer lässtig wirkenden Behang. Die Aufforderung "Ankleben verboten" wird jedoch allgemeinhin befolgt. Durch die Vielzahl der Ankündigungen kommt es garnicht dazu, dass die Aufmerksamkeit des Beobachters auf ein bestimmtes Plakat gelenkt wird. So kommt es dazu, dass wiederum eine viel zu große Anzahl an Personen in der Stadt umherlaufen um bunte Zettel zu verteilen und vielerlei Sätze über die Einzigartigkeit gerade ihres Programms loszuwerden.
Wir verließen Avignon nach Norden und folgten der Route touristic de Côte du Rhône entlang bekannter Weinbauorte wie Châteauneuf-du-Pape, Orange oder Gigondas. Auf kleinen Hügeln gelegen hat jedes Dorf sein eigenes kleines Château, welches über dem Dorf thront. Die Landschaft ist herrlich. Der Mont Ventoux und die Dentelles de Montmirail bilden das Panorama, hinter langen Reihen von Weinstöcken. Ich werde sicherlich in diese Gegend zurück kehren, um noch mehr Eindrücke, dann unter den Auswirkung einer ausgedehnten Degustation, sammeln zu können.
Für mich begann jedoch am Montag wieder die Arbeitswoche, während der jedoch eine weitere Abwechslung winkte. Die Tour de France führte am Mittwoch entlang der Straße neben dem Forschungszentrum. Schon am Morgen fanden sich Radsportbegeisterte an der Straße ein, um einen Platz für ihr Wohnmobil zu ergattern und beim morgendlichen Frühstück auf Klappstühlen, die vorbeifahrenden Mitarbeiter des Zentrums zu beobachten. Schon zum Zeitpunkt des Eintreffens des Werbetrosses müssen viele Mitarbeiter die Gunst des Tages genutzt haben um ihre Arbeit für den gesamten Nachmittag zu unterbrechen, denn als ich, zu gegeben auch für eine etwas längere zusätzliche Pause, am Schauplatz eintraff waren schon viele Menschen vor Ort. Natürlich auch alle Kollegen meiner Forschungsgruppe, die schon lange zuvor den Flur verwaist zurück ließen. Das eigentliche Schauspiel verging überraschend schnell. Nachdem bis zur Ankunft der Spitzengruppe zwanzig Minuten vergingen, diese dann innerhalb einer Sekunde an uns vorbei rauschte, wiederum eine viertel Stunde bis zur Ankunft des Feldes verging, während deren Passierens immerhin 8 Sekunden zum Applaudieren und Photographieren blieben, strömte die gesamte Arbeiterschaft zurück zum Eingang. Der Rest der Woche blieb der Arbeit vorbehalten, oder den Kaffeepausen, so richtig konnte ich das nicht einschätzen.
Ein kutlurelles Highlight bildete das Ende der Woche. Kurze Zeit nachdem ich vor nunmehr schon einem Monat in Aix ankam, hörte ich vom hiesigen Opern Festival. Den ganzen Juli über werden Opern in wunderbarer Umgebung aufgeführt. Darunter das Théatre du Grand Saint Jean, welches als ehemaliger Landsitz eines aixoiser Patrizier im Hinterland der Stadt zwischen Feldern, Wald und Wiesen liegt. Der Schlossgarten lud zu einem kleinen Picknick vor Beginn der Aufführung ein. Zur Beköstigung der Gäste säumten beleuchtete Leinenzelte den Wiesenrand und eine Anzahl brokatbekleideter Trobadore schritt anmutig über das Gras, eine Mischung aus okzidentaler und orientaler Musik mit Trommeln, Flöten und Zimbeln aufspielend. Zelte, Musik und Gewandung der Spieler trugen dazu bei schon vorab die Wiese des Schlosses in die prachtvollen Gärten eines orientalischen Palastes zu verwandeln und somit auf das bald darauf beginnende Stück einzustimmen: Die Entführung aus dem Serail. Prächtig ausgestattet und mit einigem Klamauk gespickt, war die Inszenierung möglicherweise ganz im Sinne Mozarts, bekannt für seine schelmische, exzentrische Art.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja hallo Philipp,

du vernachlässigst deinen Blog ja ganz schön:-)

Viele Grüße
Sarah